(Spondylitis ankylosans)
Die Beschwerden bei Morbus Bechterew beginnen schleichend. Anfangs treten Rückenschmerzen im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule auf, die in die Leiste, das Gesäß oder die Oberschenkel ausstrahlen können. Meistens werden Betroffene in der zweiten Nachthälfte gegen drei oder vier Uhr davon aus dem Schlaf gerissen. Herumzulaufen hilft. Bewegung grundsätzlich hilft, aber an Schlaf ist nicht mehr zu denken. Morgens fühlt man sich müde, ausgelaugt und steif – vorwiegend im Kreuzbeinbereich. Hält der Kreuzschmerz an und wird vielleicht von Fersenschmerzen, einer Bindehautentzündung oder unspezifischen Gelenkschwellungen flankiert, können das Anzeichen für einen Morbus Bechterew sein. Welche Symptome noch dafürsprechen und wie Ihnen Physiotherapie bei Morbus Bechterew helfen kann, lesen Sie in diesem Beitrag.
Fehler im Immunsystem
Die rheumatisch entzündliche, abakterielle Erkrankung Morbus Bechterew (auch Bechterew-Strümpell-Marie Krankheit oder Spondylitis ankylopoetica) greift besonders die Wirbelsäule und deren gelenkige Verbindungen an. In ca. 80 bis 90 % der Fälle sind Männer davon betroffen. Die Krankheit bricht regulär zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr aus. Die chronischen oder schubweise auftretenden Entzündungen schädigen Knochen- und Knorpel und können auch Weichteile und andere Organe in Mitleidenschaft ziehen. Wie bei vielen Autoimmunerkrankungen fehlt bei der Bechterewschen Erkrankung ein konkreter Auslöser, was die Diagnose gerade in der Anfangsphase (Frühstadium in den ersten 3 Jahren) erschwert.
Diagnose Morbus Bechterew
Eine gründliche Anamnese bringt Ihren Arzt auf die richtige Spur. Die schlussendliche Gewissheit, ob Sie an Morbus Bechterew erkrankt sind, bestätigen bildgebende Verfahren wie Röntgen oder MRT (Magnetresonanztomografie). Hier werden Zerstörungen und Neubildungen von Knochengewebe deutlich sichtbar. Auf MRT-Bildern erkennt man sogar schon recht frühzeitig entzündliche Veränderungen an den Iliosakralgelenken (Kreuzbein-Darmbein-Gelenken). Im Spätstadium kann sich eine „Bambusstabwirbelsäule“ entwickeln. Die Bilder zeigen die Verknöcherung der Bandscheiben und die typischen Kantenausziehungen an den Wirbelkörpern.
Die Ursache für Morbus Bechterew ist unbekannt. Häufig gibt es eine familiäre Disposition, manchmal in Verbindung mit entzündlichen Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa), Psoriasis ähnlichen Hauterscheinungen, Urethritis (Harnröhrenentzündung), Konjunktivitis (Bindehautentzündung) oder entzündlichen Reaktionen an Herz und Nieren. Es ist denkbar, dass Morbus Bechterew bei erblicher Veranlagung als Reaktion auf eine Infektion anderer Körperregionen (Reaktive Arthritis / Morbus Reiter) ausbrechen kann.
Bei 90 % aller Erkrankten ist das Zellantigen (HLA-B27) im Blut vorhanden. Der Nachweis impliziert aber nicht zwingend den Ausbruch der Erkrankung. Das Antigen kommt bei ca. 6 % der Normalbevölkerung vor. Ein Rheumafaktor ist nicht nachweisbar. In den Schubphasen ist die Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) erhöht.
Im späteren Verlauf, mit fortschreitender Versteifung der Wirbelsäule, des Brustkorbes und einzelner oder mehrerer angrenzender Gelenke, nimmt die Mobilität immer mehr ab, was Ihre Körperhaltung verändern kann. Ohne entsprechende Therapie und Bewegungsausgleich entwickelt sich das typische „Bechterew-Erscheinungsbild“:
- Die manifeste Ausbildung eines Rundrückens (Kyphose der Brustwirbelsäule).
- Ein „Geierhals“, weil die Halswirbelsäule sich nach vorn oben manifestiert, um die Kyphose in der Brustwirbelsäule zu kompensieren. Dadurch muss immer von unten hochgeschaut werden (eingeschränktes Sichtfeld).
- Abflachung/Begradigung der Lendenlordose.
- Ein Kugelbauch. Durch die Versteifung des Brustkorbes kann die Brustatmung völlig zum Erliegen kommen. Es ist nur noch eine Bauchatmung möglich, was Ihre Kondition einschränkt und u. a. das Risiko für ein Lungenemphysem erhöht.
Morbus Bechterew ist nicht heilbar.
Allerdings beeinflusst eine frühzeitige Behandlung und konsequente Physiotherapie bei Morbus Bechterew den Verlauf in vielen Fällen sehr positiv. Die Behandlungen sind auf Ihre Symptome ausgerichtet. Das Ziel ist es, Ihre Beweglichkeit zu erhöhen, Ihre Schmerzen zu reduzieren, Begleiterscheinungen zu mildern und Ihre Versteifungstendenz zu verringern/verlangsamen.
Eine Kombination aus medikamentöser Einstellung durch Ihren Rheumatologen, individuell ausgerichteter Physiotherapie bei Morbus Bechterew und den richtigen Bewegungsintensitäten kann Ihre Lebensqualität enorm verbessern und Sie sogar vor einer Operation bewahren.
Physiotherapie bei Morbus Bechterew
Im Kraftort Therapiezentrum fokussieren wir uns auf die Einschränkungen und Funktionsstörungen Ihres aktiven und passiven Bewegungsapparates, also auf Ihre Knochen, Muskeln und Gelenke.
Als lebensbegleitende Maßnahmen empfehlen wir Ihnen eine Auswahl oder Kombination aus:
- spezieller Krankengymnastik
- Manueller Therapie
- Cranio Sacral Therapie
- physiotherapeutischer Schmerztherapie
- Bewegungstherapie
- Muskeltraining
- Massagen
- Atemtherapie
- Rücken- und Haltungsschulung
Welche Therapie(n) am besten für Sie geeignet ist, besprechen Sie bitte mit Ihrem Arzt.
In unserer Einzeltherapie sowie in unseren Gruppenangeboten arbeiten wir daran:
- Ihre Schmerzen zu lindern
- Ihre Haltung zu korrigieren (Aufrichtung Ihrer Wirbelsäule)
- Ihre muskulären Dysbalancen auszugleichen, indem wir gemeinsam daran arbeiten, Ihre schwachen Muskeln zu kräftigen und Ihre verkürzten Muskeln zu dehnen.
- Ihren Brustkorb zu mobilisieren, um Ihre Atmung zu erleichtern.
- Ihre Wirbelsäule und betroffenen Gelenke zu mobilisieren, um Ihre eingeschränkte Beweglichkeit zu verbessern und die Versteifung Ihrer Wirbelsäule zu verzögern.
- Ihre Rumpfmuskulatur aufzubauen und zu stärken, um Ihre Wirbelsäule zu entlasten.
In jedem Stadium der Erkrankung gilt: regelmäßige und adäquate Bewegung sind das A und O. Wenn Sie gerne Sport treiben, raten wir Ihnen zu „aufrechten Sportarten“, die Sie aus einer geraden oder gestreckten Körperhaltung heraus ausüben können. Z. B. Volleyball, Ski-Langlauf, Rückenschwimmen … Kontraproduktiv wäre z. B. Rennrad fahren, weil Sie sich nach vornüberbeugen müssen, um den Lenker zu greifen, was Ihre Brust-Kyphose-Neigung (Rundrückenneigung) unterstützen würde.
Unsere Alltagstipps bei Morbus Bechterew:
- Legen Sie sich mindestens einmal am Tag flach in Rückenlage auf den Boden. Versuchen Sie sich bewusst geradezumachen und Ihre Wirbelsäule zu strecken. Bleiben Sie ruhig 10 Minuten in dieser Position liegen, damit Sie sich entspannen und wieder „einrichten“ können.
- Vermeiden Sie möglichst alle Tätigkeiten, die Sie nach vornübergebeugt erledigen müssen.
- Versuchen Sie große Schritte zu machen, um Ihre vordere Oberschenkelmuskulatur zu dehnen (die bei vielen Bechterew Patienten zu Verkürzungen neigt) und die Beweglichkeit Ihrer Hüftgelenke zu fördern.
- Korrigieren Sie bewusst immer wieder Ihre Sitzhaltung und richten Sie sich Ihren Arbeitsplatz ergonomisch ein.
- Keine weiche Matratze! In Ruhephasen „durchzuhängen“ ist Gift für Ihren Rücken.
Wenn Sie an Morbus Bechterew erkrankt sind, begleiten wir Sie bei Ihren Gesundheitszielen. Bei uns erhalten Sie Physio- und Bewegungstherapie auf höchstem Niveau. Wir zeigen Ihnen, was Sie selbst dafür tun können, um Ihren Alltag so lange und selbstbestimmt wie möglich zu meistern.
Bei Fragen sprechen Sie uns gerne an. Wir nehmen uns Zeit für Sie.
Bleiben Sie besser in Bewegung
Ihr Kraftort-Team